Multiple Sklerose – Encephalomyelitis disseminata

In Deutschland leben etwa 240.000 bis 250.000 Menschen mit der Diagnose Multiple Sklerose (kurz: MS). Im Vergleich: Vor etwa 40 Jahren war die Zahl der MS-Patienten nur halb so groß.

Frauen erkranken dabei etwa doppelt so häufig an MS als Männer. Die Erkrankung wird in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr diagnostiziert. In wenigen Fällen tritt sie auch schon im Kindes- oder Jugendalter auf.

Auffällig ist, dass die MS-Inzidenz, das heißt die Anzahl an Menschen, die in einem Jahr neu an MS erkranken, in Westdeutschland mit 19 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner um etwa ein Viertel höher als im Osten – hier sind es nur 15 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner.

Weltweit geht man von etwa 2,8 Millionen MS-Erkrankten aus. Die Krankheit ist demnach weit verbreitet. Aber auch die  Therapie ist mittlerweile weit voran geschritten, sodass Betroffene heute eine viel höhere Lebenserwartung haben als früher.

Multiple Sklerose MS

Was genau ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine chronisch entzündliche, nicht ansteckende Erkrankung des zentralen Nervensystems. In der Fachsprache wird MS auch als Encephalomyelitis disseminata bezeichnet, was so viel bedeutet wie „verstreute Hirn- und Rückenmarksentzündung“.

Bei dieser chronischen Erkrankung werden Teile der Nervenfasern, aber auch komplette Nervenfasern und Nervenzellen, im Gehirn und im Rückenmark durch das eigene Immunsystem angegriffen und zerstört. Einzelne Teile des Nervensystems verlieren damit Stück für Stück ihre Funktionsfähigkeit. In Folge dessen können Muskeln nicht mehr richtig koordiniert und Sinnessignale nicht korrekt weitergeleitet werden. Außerdem kann es zu Lähmungserscheinungen kommen.

Multiple Sklerose zählt damit zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen. Das bedeutet, dass das körpereigene Immunsystem fehlgesteuert ist und sich gegen gesunde, körper­eigene Strukturen richtet und diese zerstört.

Eine MS verläuft in der Regel in Schüben und ist bislang nicht heilbar. Mittlerweile gibt es jedoch Medikamente, die das Fortschreiten der Erkrankung erheblich eindämmen können. 

Wo liegen die Ursachen von MS?

Warum ein Mensch an Multipler Skleros erkrankt, ist bis heute nicht hinreichend geklärt. Aber es gibt Hinweise darauf, dass sowohl genetische, als auch äußere Einflüsse eine Rolle spielen können. Vermutet wird auch, dass einzelne Faktoren die Erkrankung nicht auslösen, sondern mehrere ungünstige Bedingungen zusammentreffen müssen, um eine MS zu verursachen. Was man jedoch weiß ist, dass MS keine klassische Erbkrankheit ist, da nicht die Erkrankung selbst, sondern nur eine vermehrte Prädisposition vererbt werden kann. Was die externen Einflüsse betrifft, zählen folgende Faktoren zu den möglichen Mitverursachern einer MS-Erkrankung: virale Infektionen (Masern-Viren, Herpes-Viren oder Epstein-Barr-Viren) ein Vitamin-D-Mangel das Rauchen bzw. Nikotinkonsum

Wie wird MS diagnostiziert?

Eine Multiple Sklerose ist eine sehr komplexe Krankheit und damit nicht ganz leicht zu diagnostizieren. Einige der Anfangsbeschwerden (u.a. Gefühlsstörungen, Spasmen, Koordinationsstörungen, Sehstörungen) treten auch bei anderen Erkrankungen auf wie z.B. der Borreliose, der Sarkoidose, einer HIV-Infektion oder einer der zahlreichen Gefäß- und Stoffwechselerkrankungen. Daher kann es selbst für einen erfahrenen Mediziner schwierig sein, die Symptome im Frühstadium von MS genau einzuordnen und zu erkennen. Eine gesicherte Diagnose von MS beruht daher auf einer umfassenden Anamnese – also einer möglichst detaillierten Erfassung der Krankheitshistorie und diversen Untersuchungen. Dazu gehören: eine körperliche und neurologische Untersuchung eine Untersuchung der Nervenleitfähigkeit und Geschwindigkeit eine Nervenwassergewinnung (Lumbalpunktion) eine Magnetresonanztomographie (MRT) von Gehirn und Rückenmark.

Wie ist der Krankheitsverlauf von Multipler Sklerose?

Die ersten Symptome einer MS sind sehr vielseitig und können, wie bereits erwähnt, auch auf andere Krankheiten schließen lassen. Dazu gehören: Koordinationsstörungen motorische Schwierigkeiten Taubheitsgefühle Brennen oder Kribbeln in Händen, Armen oder Beinen (auch beschrieben als „Ameisenkribbeln“) Sehstörungen Sprachstörungen spastische Lähmungserscheinungen Schmerzen Fatigue (Energielosigkeit, Ermüdungserscheinungen) Inkontinenz (Harn- und/ oder Stuhlinkontinenz) Durch die Zerstörung von Nervenzellen im Bereich des zentralen Nervensystems kann im Prinzip jede Region, die vom Gehirn- und Rückenmark gesteuert wird, betroffen sein. Ganz wichtig: Eine MS muss nicht zwangsläufig schwer verlaufen. Gerade zu Beginn der Erkrankung kann es zu einer weitgehenden Abheilung der Entzündungen kommen. Entscheidend dafür sind eine gesunde Lebensweise, ein positives Umfeld und eine gute Therapie. In 90 Prozent der Fälle beginnt die MS in Schüben. Bei den restlichen 10 Prozent der Betroffenen lässt sich von Beginn an ein fortschrei­tender Krankheitsverlauf ohne temporäre Besserung beobachten. Nur in weniger als fünf Prozent der Fälle führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu einer schweren Behinderung. Wenn das Krankheitsbild nach fünf bis zehn Jahren stabil ist, ist die Chance groß, dass die auftretenden Symptome auch weiterhin gering bleiben. Allerdings ist das aufgrund der Unberechenbarkeit einer MS-Erkrankung keine sichere Faustregel.

Wie läuft eine MS-Therapie?

Bedauerlicherweise hat die Wissenschaft bis heute kein Mittel gefunden, um die Multiple Sklerose zu heilen. Dennoch gibt es Therapien und Behandlungsmöglichkeiten, die das Leben von MS-Patienten deutlich erleichtern können. Diese haben zum Ziel:

  • die akuten Entzündungsreaktionen innerhalb eines Schubes zu hemmen (= Schubtherapie)
  • die beschwerdefreien Phasen zu verlängern 
  • das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen (= verlaufsmodifizierende Therapie) 
  • die Symptome zu lindern 
  • möglichen Komplikationen vorzubeugen 

Schubtherapie

Während eines akuten MS-Schubes wird in der Regel ein hochdosiertes Kortison zur Entzündungs­hemmung eingesetzt (meist als Infusion). Sollte dies keine Wirkung zeigen wird die Kortisonbehandlung in höherer Dosis wiederholt. Eine Langzeitbehandlung mit Kortison ist jedoch nicht sinnvoll, weil sie viele Nebenwirkungen hat (u.a. Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, erhöhter Blutzucker und Blutdruck,) und weil sie den generellen Krankheitsverlauf nicht begünstigt. 

Sollte die Kortisontherapie zu keinem Erfolg führen, kann eine Blutwäsche (= Plasmaseparation) durchgeführt werden. Dabei wird dem Patienten Blut entnommen, welches über spezielle Filter gereinigt und dem Blutkreislauf wieder zurückgeführt wird. Bei etwa 50 Prozent der Betroffenen bessern sich die Beschwerden damit erheblich. In seltenen Fällen kann es bei einer Plasmaseparation zu schweren Herz-Kreislauf-Komplikationen kommen. 

WICHTIG: Aufgrund der Individualität jedes MS-Falls, sollte die Therapie immer ganz genau auf den Patienten und dessen Krankheitsverlauf abgestimmt sein. Am besten von einem Facharzt, der schon lange mit dem Patienten und dessen Krankheitsgeschichte betraut ist. 

Verlaufsmodifizierende Therapie

Zur verlaufsmodifizierenden Therapie von Multipler Sklerose sind in Deutschland bereits eine ganze Reihe von Wirkstoffen zugelassen. Die Therapie fußt im Grunde auf zwei verschiedenen Ansätzen: der Immunmodulation und der Immunsuppression. Beide Prozesse werden individuell und in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung eingesetzt. Bei einer Immunmodulation wird das Immunsystem beeinflusst und entsprechend umprogrammiert. Immunmodulatoren können z.B. Botenstoffe sein, welche die Verständigung der Immunzellen untereinander beeinflussen und so das Gleichgewicht zwischen immunstimulierenden und immundämpfenden Mechanismen wieder herstellen. Dieser Prozess kann jedoch das Immunsystem extrem schwächen und anfällig machen. Die Immunsuppression ist eine milde Form der Chemotherapie. Dabei werden Immunzellen in ihrer Funktion unterdrückt, um damit die schädigende Attacke auf das Nervensystem zu verhindern. Immunsuppressiva können unspezifisch sein, also mehr oder weniger alle Zellen des Immunsystems unterdrücken, oder aber spezifisch einzelne Bestandteile des körpereigenen Abwehrsystems hemmen. 

WICHTIG: Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein früher Beginn der Behandlung deutlich wirkungsvoller sein kann, als ein später Therapiebeginn. Je weiter fortgeschritten die Erkrankung ist, umso schwieriger kann es sein, sie zu beeinflussen. 

Was ist bei MS-Patienten in der Intensivpflege zu beachten?

Auch wenn eine MS-Erkrankung – wenn sie richtig behandelt und früh erkannt wird – keinen schweren Verlauf nehmen muss, gibt es doch immer wieder Patienten, die ab einem bestimmten Punkt auf eine ganzheitliche Pflege angewiesen sind. 

Weil Multiple Sklerose, was die Symptome betrifft (Lähmungserscheinungen, Spasmen, Sehstörungen, Sprachstörungen, Missempfindungen, permanente Erschöpfung, Probleme bei der Blasenentleerung etc.), relativ komplex ist, wird an die Menschen, die einen MS-Patienten pflegen, hohe Anforderungen gestellt. In vielen Fällen kann die Familie eines Betroffenen dieses Pflegepensum nicht stemmen bzw. die Versorgung wäre mit hohen Belastungen und Entbehrungen verbunden. 

Daher bietet sich in vielen Fällen an, den Patienten daheim eine Intensivpflegekraft an die Seite zu stellen oder ihn in einer spezialisierten Wohneinheit für Intensivpflege zu betreuen. Die ausgebildeten Pflegekräfte kümmern sich nicht nur um die Grundpflege und die Behandlungspflege des Patienten (u.a. pünktliche Einnahme der Medikamente), sie sorgen sich auch um notwendige rehabilitative Maßnahmen, wie Psychotherapie, Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie. All dies geschieht natürlich nur in enger Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten und den Familienangehörigen.

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